17.04.2025

Offener Brief des Vorstands an den Würzburger Stadtrat

In einem offenen Brief wenden sich Gudrun und Heinz Reinders an den Würzburger Stadtrat und setzen sich für eine gleichberechtigte Förderung von Mädchen im Sport allgemein und im Fußball insbesondere ein. Denn eine kritische Analyse des Nachwuchsförderzentrums für Juniorinnen zeigt: In Würzburg werden Mädchen deutlich seltener im Vereinssport als Jungen gefördert und zwar noch schlechter als im bayerischen Durchschnitt. Im Interview erklären die beiden Vorstände der Kickers-Frauen, warum sie sich mit einem offenen Brief an den Stadtrat gewandt haben und was sich für eine bessere Förderung von Mädchen ändern muss.

 

Ihr habt euch mit klaren Worten an den Stadtrat in Würzburg gewendet. In eurem offenen Brief geht es euch darum, Mädchen im Sport besser zu fördern. Warum jetzt?

 

Gudrun: Es ist Wahlkampf, sowohl in diesem Jahr um das Amt der Oberbürgermeister:in und danach geht es direkt um den Wahlkampf für den Stadtrat. Wir haben die Erfahrung gemacht, dass wir in solchen Zeiten besonders für soziale Benachteiligung sensibilisieren müssen. Denn uns geht es ja nicht nur um die Mädchenförderung, sondern auch um Themen wie soziale Gerechtigkeit am Heuchelhof und die höchste aller AFD-Zustimmungswerte in Würzburg.

 

"Der Heuchelhof profitiert vom positiven Image unseres Engagements"

 

Heinz: Diese Themen hängen für uns eng zusammen. Wir wollen alle für die Chancen begeistern, die sich dem Heuchelhof durch unser Angebot im Mädchenfußball bieten. Wir erreichen dadurch das soziale Miteinander von Mädchen verschiedenster Herkunft und wir tragen deutlich dazu bei, dass der Heuchelhof von außerhalb als sehr positiv wahrgenommen wird. Wir bekommen immer wieder die Rückmeldung: „Toll, was ihr da am Heuchelhof erreicht habt“. Dieses positive Image braucht der Stadtteil.

 


Über die Studie "Benachteiligung von Mädchen im Würzburger Sport"

In einer Analyse offizieller Statistiken zeigt die Studie des Nachwuchsförderzentrums für Juniorinnen, dass Mädchen in Würzburg noch deutlicher benachteiligt werden, als dies im bayerischen Vergleich der Fall ist. Bezogen auf die Förderung im Fußball zeigt die Studie drei kritische Punkte auf:

  • Geringere Vereinsbeteiligung. Mädchen sind mit zunehmendem Alter deutlich seltener in Würzburger Sportvereinen vertreten. Im Vergleich zu Bayern ist die geschlechterbezogene soziale Ungleichheit in Würzburg deutlich größer.
  • Eingeschränkte Fußballangebote. Während Jungen in fast jedem Stadtteil Zugang zu Fußballvereinen haben, gibt es für Mädchen nur zwei Vereine in der gesamten Stadt, was lange Anfahrtswege und hohe Hürden für die Teilnahme bedeutet.
  • Höhere Abbruchquote im Fußball. Obwohl Fußball nach Turnen die zweithäufigste Sportart unter Mädchen in Würzburg ist, sinkt die Zahl der aktiven Spielerinnen drastisch, da kaum weibliche Teams existieren und Mädchen oft nur in Jungenmannschaften mitspielen können.

 

Um was genau geht es euch in eurem offenen Brief?

 

Heinz: Wir haben uns die Zahlen zur Förderung von Mädchen und Jungen in Würzburg angesehen. Wir verlieren im Grundschulalter unfassbar viele Mädchen im Vereinssport, sehr viel stärker noch als im bayerischen Durchschnitt. Die Verlustquote ist in Würzburg vier Mal so hoch wie in ganz Bayern.

 

Gudrun: Im Fußball zum Beispiel ist das gravierend. Fußball ist im Grundschulalter nach Turnen die beliebteste Sportart bei Mädchen in Würzburg. Und trotzdem verlieren wir hier in Würzburg zwei Drittel der Mädchen am Ende der Grundschulzeit für den Fußball. Das ist alarmierend, denn die Jungs finden in nahezu jedem Stadtteil ein Angebot. Die Mädchen nur bei uns und in der Zellerau.

 

"Ohne unser Angebot müssten die Mädchen über 80 Kilometer fahren!"

 

Das heißt, es fehlt an Sportangeboten für Mädchen?

 

Gudrun: Ja, und zwar nicht nur im Fußball. Klar, Sportvereine entscheiden selbst, was sie anbieten, aber wenn die Strukturen so benachteiligend sind, dann müssen zumindest die bestehenden Angebote gestärkt werden. Die Angebote für Leistungssport von Mädchen beispielsweise sind deutlich schlechter erreichbar als das bei den Jungen der Fall ist. Gäbe es unser Angebot im Leistungsfußball nicht, müssten die talentierten Mädchen aus Würzburg 84 Kilometer zum nächsten Angebot fahren. Die Jungs hingegen fahren einfach zur Sieboldshöhe oder in die Zellerau.

 

Heinz: Um das mal ganz klar zu sagen, talentierte Mädchen müssten drei bis vier Mal in der Woche zwei Stunden Fahrt in Kauf nehmen, zusätzlich kommt noch die Zeit für die Fahrt zu den Spielen hinzu. Das ist mit Schule schlicht nicht vereinbar. Wenn es das Angebot am Heuchelhof nicht gibt, hätten unsere Talente in der Förderliga nicht gegen den VfB Stuttgart oder Eintracht Frankfurt spielen können.

 

Und was genau sind eure Erwartungen?

 

Gudrun: Bei den U15-Juniorinnen wurden zuletzt sieben unserer Spielerinnen in die nordbayerische Auswahl des Verbandes eingeladen, mit Abstand mehr als von jedem anderen Verein. Gleichzeitig platzen wir aus allen Nähten, unsere U9 hat enormen Zulauf, wir brauchen Platz für alle Teams. Es fehlt an einem Trainingsplatz und wir brauchen zusätzliche Kabinen. Wir kommen gerade von einer Hospitation in Bilbao zurück. Dort haben wir gespürt, dass Mädchenförderung eine Frage des Willens ist. Athletic Bilbao fördert die Mädchen genauso wie die Jungen und die Menschen und die Politik in der Region stehent vollkommen hinter diesem Ziel.  

 

"Unsere sehr gute Talentförderung braucht die richtige Infrastruktur."

 

Heinz: Die Infrastruktur muss uns die Möglichkeiten geben, die wir für unsere sehr gute Talentförderung benötigen. Wir können in Würzburg nicht mehr die Augen davor verschließen, dass wir ein klares Bekenntnis zum weiblichen Leistungssport brauchen. Wie die Analyse des NFZ zeigt: es gibt hier enormen Nachholbedarf für die Förderung der Mädchen. Die Kommunalpolitik ist zu einer gleichberechtigten Förderung verpflichtet. Aktuell ist das nicht der Fall, wie die Zahlen für Würzburg zeigen.

 

Und deshalb der offene Brief an den Stadtrat?

 

Heinz: Ja genau. Wir wollen für unser Anliegen offensiv werben, das sind wir unseren Talenten schuldig. Dabei müssen wir klar herausstellen, dass es immer wieder positive Signale aus der Kommunalpolitik gab und gibt und der Fachbereich Sport mit seinem Team unglaublich gute Arbeit leistet. Da sind wir sehr dankbar. Gleichzeitig wissen wir, was wir hier am Heuchelhof Enormes im reinen Ehrenamt für die Mädchen leisten.

 

"HerzRasen schafft Platz für viele neue Talente."

 

Gudrun: Aber wenn wir fünf Monate im Jahr über fünfzig Nachwuchstalente auf nur einen Platz zwängen müssen, dann passen die Möglichkeiten nicht mehr zu dem, was die Mädchen brauchen. Wir gehen nun mit dem Projekt „HerzRasen“ wieder einmal in Vorleistung und tragen als kleiner Verein das finanzielle Risiko. Wir erwarten hier ein klares Signal, denn alle im Verein engagieren sich enorm, um den Mädchen mehr Möglichkeiten zu schaffen.

 

Worum genau geht es bei dem Projekt „HerzRasen“?

 

Gudrun: Es geht darum, dass die Spielerinnen ihr Talent entsprechend ihrer Fähigkeiten entfalten können. Wir wollen ihnen die Möglichkeit geben, ganzjährig bestmöglich zu trainieren. Es geht als nicht nur um einen neuen und modernen Kunstrasenplatz für die U9 bis zur U14. Es geht darum, für noch mehr Talente Angebote zu schaffen und bis zu 30 neue Spielerinnen aufnehmen zu können.

 

Heinz: Wir werden mit dem Projekt am 5. Mai starten, da können alle schon sehr gespannt sein, was wir uns für die Spendenaktion haben einfallen lassen. Da sind wir wie immer sehr kreativ und wir können sagen, dass es allen sehr viel Spaß gemacht hat, im Vorfeld die kreativen Ideen umzusetzen.

 

 

Foto: Bei der Hospitation bei Athletic Bilbao lernen die beiden Vorstände, wie Kommunalpolitik und der Verein Hand in Hand zur Förderung von Mädchen im Fußball arbeiten.

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