14.04.2021

Wir haben hier ein Zuhause gefunden

Franziska Thomas gehört zu jenem Dreamteam, dass vor zwei Jahren mit 80 Toren die bayerische Meisterschaft auf den Heuchelhof geholt hat. Im Interview erzählt sie von wehmütigen und glücklichen Momenten, vom Zuhause auf dem Heuchelhof, der Verbundenheit mit gleich zwei Vereinen und warum ihr Warm-Up manchmal auf dem Parkplatz stattfindet.

 

Mit 25 Jahren bist du noch sehr jung und gleichzeitig eine der ganz erfahrenen Spielerinnen auf dem Platz. Was waren für dich in den drei Jahren auf dem Heuchelhof besonders schöne Momente?

In den letzten Jahren ist sehr viel passiert. Mit dem Fußball verbinde ich viel. Die letzten drei Jahre waren sehr schöne Jahre. Mein Highlight war natürlich der Aufstieg im Jahr 2019. Das letzte Heimspiel war sehr emotional für mich. Nach dem Spiel hatte ich meinen Mitspielerinnen verkündet, dass es das letzte Spiel für mich mit dieser Mannschaft war. Ich bin total in Tränen ausgebrochen. Wir waren eine super Truppe, daher fiel mir diese Entscheidung besonders schwer. Ich wurde von allen gleichzeitig in den Arm genommen, was mir zeigte, dass wir nicht nur auf dem Platz ein starkes Team waren. Aus den „Trauertränen“ wurden Freudentränen und wir haben einfach den Aufstieg gefeiert. Ich meine, was wünscht man sich mehr für sein letztes Spiel als eine Aufstiegsfeier?! (lacht)

 

Du bist beruflich in einem großen württembergischen Unternehmen sehr erfolgreich und trägst viel Verantwortung in deinem Bereich. Wie bringt man das unter einen Hut, berufliche Karriere und Fußball?

Das entscheidende Stichwort ist, denke ich, Organisation. Man kann alles unter einen Hut bringen, man muss es nur wollen. Meine Fußballtasche wird bereits am Vorabend gepackt und ins Auto gestellt, damit ich am nächsten Tag direkt nach der Arbeit weiter fahren kann. Trotzdem muss ich ab und zu einen Sprint vom Auto zum Trainingsplatz hinlegen, um noch pünktlich auf dem Platz zu stehen, sozusagen das Warm-Up vor dem Training (lacht). An manchen Tagen ist das natürlich mit Stress verbunden und nicht immer einfach. Sobald man aber auf dem Platz steht, ist das alles direkt vergessen. 

Trotzdem habe ich mich vor knapp eineinhalb Jahren aus beruflichen Gründen dazu entschieden, beim Fußball kürzer zu treten. Ich bin wirklich sehr froh, dass der SC Würzburg Heuchelhof sehr gut aufgestellt war und tolle Weichen gestellt hat. Dadurch konnte ich die zweite Mannschaft unterstützen und im Verein bleiben. 

 

Du gehörst zu dem Team, dass vor zwei Jahren mit 80 Toren sehr beeindruckend die bayerische Meisterschaft als SC Würzburg Heuchelhof geholt hat. War das Rückenwind für den Fußball in Würzburg?

Definitiv. Wir haben dadurch sehr viel Aufmerksamkeit in Würzburg bekommen und ich bin der Meinung, dass der Frauenfußball dadurch in Würzburg attraktiver geworden ist. Wir haben dem Frauenfußball in Würzburg einen Namen gegeben.

 

Was war in der Saison für dich das Besondere?

Das kam ja grad schon zur Sprache, dass wir in der Saison 80 Tore geschossen haben. Das muss man sich mal auf der Zunge zergehen lassen…. 80 Tore… Das ist schon eine Hausnummer, das soll uns erstmal einer nachmachen. In dieser Saison hat einfach alles geklappt. Wir waren eine richtig gute Truppe, haben uns gegenseitig gepushed, jeder hat für die anderen gekämpft und man konnte sich aufeinander verlassen. Wir hatten alle den absoluten Siegeswillen. Das haben wir auf dem Platz und in unserer Leistung widergespiegelt. Mit dem Aufstieg haben wir uns dann völlig zu Recht belohnt. 

 

"In der Zweiten steckt viel Potenzial"

 

Du hast dich danach kurzerhand entschlossen, unsere Zweite beim Aufstieg in die Landesliga zu unterstützen. Was waren deine Gründe dafür?

Aus beruflichen Gründen habe ich mich ja dafür entschieden, kürzer zu treten. In der zweiten Mannschaft wurde ich super aufgenommen. Nach kurzer Zeit war mir bewusst, dass in der zweiten Mannschaft viel Potenzial steckt und definitiv in der Landesliga mitspielen kann. Mein Ziel ist es dabei zu unterstützen, dieses Potenzial auszuschöpfen und somit das Bestmögliche aus der Mannschaft herauszuholen. 

 

Und jetzt mal Hand aufs Herz, Eugen und Maren als Trainer. Dreamteam oder Nightmare?

Definitiv Dreamteam! Die beiden ergänzen sich wirklich super und halten unseren Haufen zusammen, was nicht immer ganz einfach ist (lacht). Maren kennt als ehemalige Spielerin die Sichtweise des Teams sehr gut, sie ist sehr ausgleichend und eine tolle Persönlichkeit, gerade auch für die jüngeren Spielerinnen als Orientierung. Eugen ist jemand, der genau weiß was er will und nimmt das Team mit. Sein Ehrgeiz ist wichtig, damit wir alle das Beste aus uns herausholen. 

 

Wo siehst du die Stärken unserer Zweiten? Was kann das Team erreichen, wenn der Lockdown vorbei ist?

Die zweite Mannschaft hat viele Stärken. Wir sind eine gute Mischung aus erfahrenen und jungen talentierten Spielerinnen. Wir haben Spielerinnen mit individueller Klasse und treten auf dem Platz als Team auf. In der Saison haben wir schon mehrmals bewiesen, dass wir vielen Mannschaften technisch und spielerisch überlegen sind. Wir müssen es nur noch schaffen, diese Leistung in jedem einzelnem Spiel abzurufen und uns nicht durch ein Gegentor oder einen Fehler verunsichern zu lassen. Wenn wir diese Leistung in jedem Spiel abrufen, dann steht dem Aufstieg in der Landesliga nichts mehr im Weg. Ich bin mir ziemlich sicher, dass wir in der Landesliga sehr gut mitspielen können. Kurz vor dem Lockdown war das Team in einer richtig guten Form und wir waren definitiv auf dem richtigen Weg. Nach dem Lockdown müssen wir es schaffen an dieser Leistung anzuknüpfen und alles zu geben.

 

Apropos Lockdown. Wie ist diese Zeit für dich als Fußballverrückte?

Ich vermisse den Fußball sehr. Anfangs wusste ich gar nicht, was ich mit meiner Zeit anstellen soll. Da der Sonntag eigentlich immer auf dem Fußballplatz verbracht wurde, hatte das Wochenende sozusagen auf einmal einen Tag mehr. Ich versuche mich mit Laufen oder Fahrrad fahren fit zu halten. Außerdem macht die ganze Mannschaft einmal in der Woche gemeinsam ein Zoom-Workout. Ich nutze nun die Möglichkeit, die Spiele der ersten Mannschaft über soccerwatch.tv zu verfolgen und schaue viel Bundesliga. Trotzdem freue ich mich, wenn ich mir die Spiele wieder live anschauen kann. Noch mehr freue ich mich aber darauf, selber wieder mit meinem Team auf dem Platz zu stehen und die ersten drei Punkte zu holen. 

 

"Dass wir alle Mitglied im SC sind zeigt ja unsere Verbundenheit"

 

Hier in Würzburg gibt es ja eine ganz besondere Situation. Alle Spielerinnen von der U8 bis zur Ersten sind Mitglied im SC Würzburg Heuchelhof und tragen gleichzeitig das Kickers-Logo auf der Brust. Wo siehst du die Stärken dieser Kombination?

Ich finde es toll, dass der SC Würzburg Heuchelhof so viele Mitglieder hat und schon die kleinsten Mädchen fördert und fordert. Dass wir alle Mitglied beim SC sind, zeigt ja auch unsere Verbundenheit zu diesem Verein. Ich sehe dabei großes Potenzial. Die Mädchen in den Jugendmannschaften sehen zu den Spielerinnen in der ersten Mannschaft auf und sehen in den Spielerinnen ihre Vorbilder. Gerade in jungen Jahren ist es für Mädchen in Jungsmannschaften nicht immer leicht. Viele verlieren dadurch den Spaß am Fußball. Ich freue mich, wenn unsere Nachwuchstalente irgendwann Bundesligaluft schnuppern können. 

 

Nach langer Wanderung der letzten zehn Jahre, würdest du sagen, der Frauenfußball hat endlich ein Zuhause gefunden?

Ja, das denke ich. Der SC Würzburg Heuchelhof hat gute Grundlagen und Strukturen in den letzten Jahren aufgebaut, dem Frauenfußball ein Zuhause zu geben. Somit steht auch weiteren Aufstiegen als Kickers nichts mehr im Weg. Im Hintergrund unterstützen und arbeiten sehr viele Menschen. Diese Arbeit ist für Zuschauer und Spielerinnen nicht ersichtlich, doch auch diese Arbeit ist maßgeblich für den Erfolg. An dieser Stelle ein großes Dankeschön an unsere vielen Helferlein (lacht).

 

"Ich muss manchmal schmunzeln"

 

Nochmal zurück zu deiner Erfahrung. Du bist Co-Spielführerin des Teams. Wie erlebst du den Umgang mit den jungen Spielerinnen?

Ich erkenne mich tatsächlich in bestimmten Situationen in den jungen Spielerinnen wieder und muss manchmal schmunzeln. Der Schritt zu den Frauen aus der Jugend ist kein einfacher Schritt. Ich denke, das kann jede, die Fußball spielt, bestätigen. Im Frauenfußball gehen Spielerinnen diesen Schritt nochmal zwei Jahre früher als im Männerfußball. Mit gerade mal 16 Jahren trifft man auf erfahrene Spielerinnen die teilweise schon 15 Jahre oder länger Fußball spielen. Ich hatte mit ähnlichen Problemen wie unsere jungen Spielerinnen zu kämpfen. Ich bin dankbar, dass ich damals einige erfahrene Spielerinnen um mich hatte, die mich geleitet und unterstützt haben. Das versuche ich nun den jungen Spielerinnen in meiner Mannschaft mit auf den Weg zu geben. Auch da erkenne ich mich wieder, dass man als junge Spielerin die „Kritik“ nicht immer so einfach annehmen kann. Ich habe selbst ein paar Jahre gebraucht, um das zu sehen und zu merken, dass man dadurch den jungen Spielerinnen helfen möchte. 

 

Wenn du dir etwas wünschen dürftest für dich und dein Team. Was wäre das?

Mein aller sehnlichster Wunsch ist, mit allen Mädels aus dem Team bedenkenlos auf dem Platz zu stehen und Spaß zu haben.  Mein zweiter Wunsch wäre, dass wir alle die Saison verletzungsfrei überstehen und die verletzten Spielerinnen schnellstmöglich zurück kommen. Und zu guter letzt natürlich den Aufstieg in die Landesliga (lacht).

 

Fotos: Paul Zottmann

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